Warum Schulkinder zur Zeitung greifen
Niederkassel Wie informieren sich Schülerinnen und Schüler und wie verlässlich sind die Informationen? Diese Frage führte den Theaterkurs der Realschule in Niederkassel erst zur gedruckten Zeitung und schließlich auf die Bühne. Sie erklären, was sie dazu bewegt hat.
Schülerinnen und Schüler der Alfred-Delp-Realschule lesen in ihrem Theaterstück den General-Anzeiger. FOTO: Tim Werner
Einige von ihnen haben bei den Proben zum ersten Mal bewusst zu einer Zeitung gegriffen. Auf der Bühne macht der Theaterkurs der Alfred-Delp-Realschule in Mondorf seinen Zuschauern dann deutlich, welche Vorteile die Zeitung hat, und wie gefährlich Falschnachrichten sind.
In gleichmäßigem Abstand betreten die Schülerinnen und Schüler die Bühne, setzten sich hin, schlagen die Beine synchron übereinander und die Zeitungen auf. „Es geht ums Zeitung-Lesen, was so ein bisschen aus der Mode gekommen ist“, sagt Marie aus der 6a, zur Begrüßung der Eltern, Lehrer und potenziellen neuen Schüler der Realschule am Tag der offenen Tür. Mit der Inszenierung möchte der Kurs aufzeigen, wie vielfältig die Informationen einer Zeitung sind und besonders auch junge Schüler dazu inspirieren, das Medium selbst zu nutzen. In einer Reihe sitzend, führen die Kinder das Publikum durch die unterschiedlichen Rubriken der Zeitung und unterhalten sich angeregt über das Gelesene. Am Ende verteilten sie die Exemplare unter den Zuschauern.
Theaterstück warnt vor Fake-News
Die Schüler betonen in ihrer Aufführung vor allem einen Vorteil: Jeder kann beim Zeitung-Lesen selbst entscheiden, welche Inhalte interessant sind. „Meine Mutter liest zuerst den Sportteil, mein Vater den Politikteil“, erklären sie dem Publikum. Weiterhin hebt die Inszenierung den regionalen Bezug einer Tageszeitung hervor. „Viele gucken die Nachrichten im Fernsehen, aber da erfährst du nicht, was in deinem Ort passiert“, so die Schüler.
Sie sprechen auch über „Zeitungsmuffel“, die mit dem Printmedium wenig anfangen können und ihre Informationen ausschließlich über das Handy beziehen. Das sei zwar auch möglich, aber gerade in sozialen Medien seien die oft mit Vorsicht zu genießen. „Die Influencer posten, was sie wollen, ob es wahr ist oder nicht“, so Marie. Das Stück solle darauf aufmerksam machen, wie wichtig es sei, den Bezug zur Realität zu bewahren, sagt die Schülerin.
Dafür verdeutlichen die Kinder, wie wichtig es ist, die Nachrichten nicht nur in den sozialen Medien zu verfolgen, sondern sich auch auf anderen Wegen – etwa der Zeitung – zu informieren. „Oftmals gibt es Streitigkeiten zwischen den Schülern, da die sich auf verschiedenen Seiten im Internet informieren“, sagt Nina aus der 9a. Sie stand schon mehrfach mit dem Theaterkurs auf der Bühne und auch der Begriff Fake-News ist ihr vertraut. Schon in den jüngeren Klassen werde über das Thema oft gesprochen. „Unser Stück symbolisiert auch, nicht alles zu glauben, was im Internet steht“, sagt sie.
Auch der Lehrerin Ursula Schulz-Telschow war es wichtig, dieses Thema in den Fokus zu rücken. „Wenn eine gedruckte Information Fehler beinhaltet, werden die Verantwortlichen belangt. In den sozialen Medien geschieht das weniger“, sagt sie. Als leidenschaftliche Zeitung-Leserin wollte sie den Kindern mit dem Theaterstück das Printmedium näherbringen und aufzeigen, welche vielfältigen Möglichkeiten es bietet.
Aktuelle Nachrichten sind im Stück integriert
Ursprünglich führte der Kurs nur eine Übung zum synchronen Lesen mithilfe von Zeitungen durch. „Das hat so gut funktioniert, dass sich daraus die Idee und das Theaterstück entwickelt hat“, sagt Schulz-Telschow. Innerhalb von nur acht Doppelstunden setzte sie gemeinsam mit den Schülern das Stück um. Den Text dafür verfasste die Lehrerin selbst. „In einer Sitzung haben die Schüler dann noch weitere Stellen ergänzt“, sagt sie. Ihnen sei es beispielsweise wichtig gewesen, zu erwähnen, dass sie gezielt aussuchen können, welchen Artikel sie in der Zeitung lesen möchten. Anders als in den sozialen Medien, in denen Algorithmen die Inhalte ausspielen.
Nahezu ohne Vorbereitungszeit haben die Schüler auch aktuelle Nachrichten in das Stück integriert. „Donald Trump ist der neue Präsident der Vereinigten Staaten“, lesen sie von der Titelseite dem Publikum vor. Besonders die Beschäftigung mit solchen weltgeschichtlichen Themen gefalle ihnen, da sie sich dadurch sehr erwachsen fühlen. „Es ist wichtig, sich etwas Neues zu trauen. Auf der weiterführenden Schule, im Theaterkurs auf der Bühne oder auch mit dem Aufschlagen einer Zeitung“, sagt Marie.
Was Schülern an der Zeitung gefällt
Beim ersten Griff zur Zeitung gefiel den Kindern im General-Anzeiger besonders die Rubrik „Neues von Gary“, in der komplexe Nachrichten kindgerecht erklärt werden. Bei ihrer Aufführung greifen sie diese Idee auf und erklären den Begriff „Ampelkoalition“. „Ist diese Koalition nicht zerbrochen?“, fragen sie sich dabei gegenseitig.
Schulz-Telschow freut sich, dass sie den Schülern durch das Theaterstück die Zeitung nähergebracht hat. „Die Kinderseiten sind dafür ein super Einstieg“, sagt sie. Besonders, da viele Schüler anfangs davor zurückschrecken, sich mit den oft komplizierten Themen auseinanderzusetzen. Für Marie war es auf jeden Fall nicht das letzte Mal, dass sie sich auf diese Weise informiert hat. „Durch das Projekt habe ich Lust bekommen, bei meinen Eltern auch mal in die Zeitung zu gucken“, sagt sie.