Tageszeitungen erreichen auch auf Instagram eine kaufstarke und aktive Zielgruppe

von | 14.06.2023 | Allgemein

Tageszeitungen erreichen auch auf Instagram eine kaufstarke und aktive Zielgruppe

von | 14.06.2023 | Allgemein

Immer mehr Zeitungsverlage sind in sozialen Netzwerken unterwegs. Eine Studie hat nun herausgefunden: Besonders Instagram lohnt sich für Werbetreibende. Die User sind nicht nur aktiv und aufgeschlossen, sondern auch kaufkräftig.

Online-Marketing Christoph Allerding

Christoph Allerding ist ein erfahrener Marketingexperte und seit über 10 Jahren beim General-Anzeiger tätig. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Neben seiner Arbeit als Marketingexperte ist Christoph ein großer Musikfreund und fest in der Region rund um Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis verwurzelt.

Als Facebook Anfang der 2000er aus den USA nach Deutschland herüberschwappte, war die Sorge groß. Viele Zeitungsverlage wussten nicht, wie sie mit dem neuen Medium umgehen sollten. Wenige Jahre später wurde jedem Kritiker klar, wie hilfreich die Plattform ist. Bei vielen Zeitungen hat sich durch das Posten auf Facebook nicht nur der Traffic deutlich erhöht, sondern auch die Möglichkeit, neue Zielgruppen auf sich aufmerksam zu machen. Als im Jahr 2012 Instagram hinzukam, waren Zeitungsverlage vorbereitet und machten sich auch diese Plattform zu Nutzen.

Heute ist Instagram in vielen Zeitungshäusern nicht mehr wegzudenken. Manche Tageszeitungs-Accounts haben mehr Instagram-Follower als Auflagezahlen, vor allem überregionale und bekannte Marken wie Bild oder Süddeutsche Zeitung. Ihre Accounts sprechen dort Zielgruppen an, die eine gedruckte Zeitung nicht erreicht: jüngere Millennials, die sich keine gedruckte Zeitung mehr kaufen, aber auch die neue Generation Z.

 

Instagram-Nutzer sind eine attraktive Zielgruppe

Eine neue Studie des BDZV (Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger) und der ZMG (Zeitungsmarktforschung Gesellschaft) zeigt außerdem: Instagram-Nutzer sind eine sehr attraktive Zielgruppe. In der Studie wurden Nutzer, die Tageszeitungs-Accounts abonniert haben, genauer unter die Lupe genommen. Verglichen wurden zwei Gruppen von je 500 Personen aller Altersklassen, die Instagram mindestens einmal die Woche nutzen. Die Mitglieder der Gruppe eins hatten einen Zeitungs-Account abonniert, die der Gruppe zwei nicht.

Das Ergebnis: Die Gruppenmitglieder mit Abonnement nutzen Instagram viel intensiver als die ohne. 71 Prozent interagieren täglich mit dem Tageszeitungs-Account, bei der Gruppe ohne Abo sind es nur die Hälfte. Auch bei der Erstellung von Inhalten ist die erste Gruppe viel aktiver. 48 Prozent verfassen mindestens einen Beitrag jede Woche, bei den Nicht-Abonnenten postet nur ein Viertel wöchentlich.

Außerdem analysierte die Studie die Demographie der jeweiligen Gruppenmitglieder. Die Ergebnisse zeigen, dass die Follower eines Zeitungs-Accounts für Werbetreibende besonders interessant sind. Sie gehören mit einem durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen von 4000 Euro im Monat zur kaufkräftigen Bevölkerungsschicht und sprechen auf Werbung an. Bei Gruppe zwei sieht das anders aus, dort verdienen nur 18 Prozent 4000 Euro oder mehr.

Ob ein Instagram-Nutzer einen Zeitungs-Account abonniert hat oder nicht, wirkt sich auch auf seine allgemeinen Interessen aus. Mitglieder der Gruppe eins sind an verschiedenen Themen interessiert und beschäftigen sich am liebsten mit gesellschaftlichen und lokalen Fragestellungen. Dieses Interesse war bei Gruppe zwei deutlich geringer. Den größten Unterschied gibt es bei den Themen Politik und Wirtschaft, denn sie sind für 77 und 67 Prozent der Zeitungs-Follower spannend, allerdings nur für 51 und 43 Prozent der Nicht-Zeitungs-Follower.

Wahrscheinlichkeitsberechnung

Quelle: ZMG

Herausforderungen für Zeitungsverlage

Instagram ist nicht auf Zeitungsverlage ausgerichtet, sie konkurrieren dort mit Lifestyle-Influencern, Landschaftsbildern und 360-Grad-Selfies. Das stellt Publisher vor einige Herausforderungen, vor allem in der Praxis: In einen Post lassen sich beispielsweise keine aktivierbaren Links einfügen, die direkt auf einen Artikel verweisen. Das macht es den Zeitungen schwer, ungefiltert und mit geringem Aufwand auf eigene Artikel zu verweisen. Ihnen bleibt nichts Anderes übrig, als auf den Link in der Bio hinzuweisen oder den Artikel in einer Story zu posten, der dann zu dem Artikel führt. Obwohl es nicht viel Aufwand kostet, sind Instagram-Nutzer bequem und müssen immer wieder zum Klicken eines Artikels animiert werden. Der Post muss insgesamt also so interessant sein, dass Follower bereit sind, diesen Extra-Schritt zu gehen. Das kann durch ein aussagekräftiges Bild oder eine neugierig machende Caption erreicht werden. „Die Essenz von Instagram sind schließlich die Bilder. Sie entscheiden darüber, ob ein Beitrag geklickt wird. Was für Zeitungen eine doppelte Herausforderung bedeutet: Dem Plattformanspruch nach ‚schönen‘ Bildern gerecht zu werden und dem Selbstanspruch nach ‚inhaltlichen‘ Bildern“, sagt Peter Klimczak, Forscher auf dem Gebiet der analytischen Medienwissenschaft und Projektleiter der BDZV-Instagram-Studie. Der Erfolg eines Zeitungs-Accounts auf Instagram hänge viel mehr von der ästhetischen und thematischen Qualität als von der Quantität ab. „Viel hilft nicht immer viel“, so Klimczak. Doch: Ein Post pro Tag ist Pflicht, um relevant zu bleiben. BDZV und ZMG empfehlen Medien eine Frequenz von zwei bis drei Beiträgen pro Tag. Auf Twitter wird die gleiche Anzahl an Beiträgen pro Stunde veröffentlicht, doch die Plattformen unterscheiden sich deutlich: Instagram ist ein wesentlich langsameres Medium und nicht für Breaking News geeignet. Stattdessen sollen dort nur die relevantesten Nachrichten des Tages gepostet werden – im besten Fall gespickt mit qualitativen Ergänzungen und einem aussagekräftigen Bild.

 

Sich die Plattform zu Nutzen machen

Publisher müssen auf Instagram viel experimentieren: Welche Themen kommen bei den Followern gut an und welche nicht? Wie oft soll gepostet werden? Wie können Posts einheitlich und ästhetisch ansprechend gestaltet werden? Eine magische Formel für einen erfolgreichen Instagram-Account gibt es zwar nicht, aber einige Muster haben sich in einer weiteren Studie, die der BDVZ gemeinsam mit der ZMG im Jahr 2022 durchgeführt hat, herauskristallisiert:

1. Sidecars funktionieren, Videos nicht

Seit einigen Jahren gibt es auf Instagram die Möglichkeit, in einem Post nicht nur ein Foto hochzuladen, sondern mehrere auf einmal. Diese sogenannten Sidecars eignen sich ideal dafür, tiefer in eine Thematik zu gehen. Meistens ist auf dem ersten Slide ein Foto mit Teaser zu sehen, während auf den restlichen Slides erklärt wird, was Sache ist. Die Studie hat gezeigt, dass Sidecars von Zeitungsaccounts den größten Zuspruch von ihren Lesern bekommen. Sie werden nicht nur am häufigsten geliked, sondern auch kommentiert. Im Gegensatz dazu schneiden Videos schlecht ab, sie erreichen nicht annähernd den Like-Werte von Sidecars oder „normalen“ Bildern. Dennoch können Videos eine sinnvolle Ergänzung zu den regulären Beiträgen sein. Die meisten überregionalen Zeitungen nutzen eine Mischung aus Sidecars, Bildern und Videos. „Ein stärkeres Experimentieren mit Sidecars erscheint lohnend. Wenn überproportional mit Videos gearbeitet wird, ist es bei der Engagement-Analyse sinnvoll, dieses Format separat zu betrachten“, raten die Experten der Studie. Das Problem mit Videos ist, dass Instagram die Umstellung zu Bewegtbild noch nicht gelungen ist und weiterhin als reine Bild-Plattform wahrgenommen wird. Auch die Einführung von Reels, die nach dem Erfolg von TikTok auf Instagram eingeführt wurden, hat dabei nicht geholfen.

2. Bilder haben Macht

Auf Instagram stehen Bilder im Mittelpunkt. Das Interesse am Bild ist Voraussetzung für alle weiteren Aktivitäten. Statt auf den Artikellink in der Bio hinzuweisen, sollten Zeitungs-Accounts daher versuchen, ihre Leser mit einer ansprechenden Bildästhetik mit längeren Begleittexten (Captions) und passenden Themen (vor allem Lokales, Leserfotos, Gesellschaft) zu erreichen. Die Königsdisziplin sei es, narrative und aussagekräftige Bilder auszusuchen, rät Klimczak. Er resümiert: „Zumeist gelingt dies den Tageszeitungen.“ Die Studie hat außerdem belegt, dass Bilder ohne viel Text besser ankommen.  Daher raten die Forscher von umfangreichen Bildinschriften und Bildern, die mehr Text als Bild enthalten, ab. Das entspreche zwar der journalistischen Arbeit, und viele Zeitungs-Accounts nutzen diese Methode, doch diese Posts erreichen unterdurchschnittliche Likes. „Wir raten Verlagen eher, auf Infografiken zu setzen. Sie entsprechen der Plattformlogik und sind eine Kernkompetenz der Zeitungen“, sagt Thomas Halamuda, stellvertretender Forschungsleiter der ZMG. Bei Lokalen Zeitungs-Accounts ist aufgefallen, dass Leser besonders häufig Leserfotos liken. Die Studie belegte dies am Beispiel der Hamburger Morgenpost: Leserfotos erreichten 3,2 Mal so viele Likes wie „normale“ Bilder.

3. Politische Themen ziehen

Twitter gilt als Diskursmedium, daher sind die Inhalte politisch. Bei Instagram ist das anders, dort stehen auf den ersten Blick schöne Bilder und oberflächliche Inhalte im Vordergrund. Viele Verlage haben sich in den vergangenen Jahren der Plattform angepasst und konzentrieren sich größtenteils auf gesellschaftliche Themen. Die Studie hat allerdings bewiesen, dass politische Inhalte sehr beliebt sind, auch wenn sie seltener gepostet werden. Laut Analyse sind Politik und Gesellschaft sogar die zugkräftigsten Themenbereiche –  wenn es nach den Likes geht. „Das gilt nicht nur für die überregionalen Titel, sondern auch für die regionalen“, so die Forscher. Auch Ratgeber, Kommentare und Inhalte zu Sport und Wissenschaft spielen auf Instagram die zweite Geige, werden aber gerne konsumiert. Nicht ganz so beliebt sind hingegen Posts mit lokalem Bezug und andere dominierende Themen wie Katastrophen/Unfälle, Panorama und Wirtschaft.

4. Kommentare helfen

Je öfter ein Instagram-Beitrag kommentiert wird, desto größer die Reichweite. Deswegen lohnen sich Kommentaraufrufe, entweder mittels Frage oder ganz explizit durch Aufforderung und Ausrufezeichen, die auch als Emojis gesetzt werden können. Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Aufrufe zum Kommentieren führen tatsächlich zu mehr Kommentaren. Das hat auch den Vorteil, dass Leser an den Account gebunden werden – weil sie mit ihrer Zeitung interagieren können.

 

So gelingt ein erfolgreicher Zeitungs-Account auf Instagram

Die Studie des BDZV und der ZMG hat aufgezeigt, wie wichtig Instagram für ein Medium ist. Und dass regionale Zeitungen auf Instagram mit überregionalen Medien mithalten können, wenn sie sich an gewisse Richtlinien halten: aussagekräftige Bilder, informative und längere Captions und Kommentaraufrufe helfen dabei, auf der Plattform relevant zu bleiben. „Auf diese Art erreichen Zeitungen auch auf Instagram Follower und können sich so neue Zielgruppen erschließen, Sympathien gewinnen und ihre Marke stärken“, so die beiden Forscher Klimczak und Halamuda.

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