Presserat sichert Einhaltung des Pressekodexes
Bonn Welche Aufgaben hat der Presserat und wann spielt der Presserat für den Journalismus eine wichtige Rolle? Über diese Fragen spricht Sonja Volkmann-Schluck Referentin beim Deutschen Presserat im Interview mit NewsCheckNRW.
FOTO: Sonja Volkmann-Schluck
Liebe Frau Volkmann-Schluck, was ist der Deutsche Presserat und warum gibt es ihn?
Den Deutschen Presserat gibt es, weil Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland sich zu journalistischen und ethischen Standards verpflichtet haben. Dazu gehören die wahrhaftige Berichterstattung, das transparente Korrigieren von Fehlern, ein fairer Umgang mit den Personen, über die die Medien berichten, sowie die unabhängige Berichterstattung, das bedeutet, unabhängig von Anzeigenkunden und den Interessen Dritter. Diese Standards sind im Pressekodex, den publizistischen Grundsätzen, festgehalten und können vom Presserat geprüft werden.
Wichtig ist hier: Der Presserat ist keine Zensurbehörde und auch keine staatliche Institution, die überwacht, was in den Medien geschrieben wird oder nicht. Er wurde bereits in den 1950er-Jahren gegründet, als die Bundesregierung plante, schärfere Pressegesetze zu erlassen. Sowohl Verleger als auch Journalisten waren alarmiert und beschlossen, als Branche selbst Regelungen aufzustellen. Sie setzten sich eigene Standards, um zu verhindern, dass der Staat stärker eingreift.
Welche Aufgaben hat der Presserat?
Wir sind zunächst eine Anlaufstelle für Beschwerden von Leserinnen und Lesern, die den Eindruck haben, dass ein Bericht in ihrer Regionalzeitung, einem Magazin oder einem Online-Magazin Fehler enthält, sehr reißerisch geschrieben ist oder die Überschrift nicht hält, was sie verspricht. Die Journalistinnen und Journalisten sowie Verlegerinnen und Verleger, die bei uns arbeiten, prüfen den Artikel, fordern eine Stellungnahme der Redaktion und beraten dann, ob ein Verstoß gegen den Pressekodex vorliegt oder nicht. Unsere übergeordnete Aufgabe ist es, eine Debatte zu fördern, die die Frage stellt: Welche Standards gelten eigentlich im Journalismus und wo liegen die Grenzen der Recherche und der Berichterstattung?
Wann spielt der Presserat für den Journalismus eine wichtige Rolle?
Der Presserat funktioniert wie ein Barometer, das anzeigt, worauf Leserinnen und Leser besonders sensibel reagieren. Momentan erhalten wir viele Beschwerden über Clickbaiting, also zu reißerischen Überschriften, die nicht halten, was sie versprechen. Kürzlich haben wir eine Beschwerde über eine Überschrift erhalten, in der behauptet wurde, ein islamistischer Terrorist habe in Spanien Touristen am Strand angegriffen. Tatsächlich handelte der Artikel jedoch nur von einem angeblich geplanten Anschlag, der nie stattgefunden hat. Überschriften wie diese führen in die Irre und setzen die Glaubwürdigkeit der Medien aufs Spiel. Im Pressekodex ist festgehalten, dass die Medien ihre Glaubwürdigkeit wahren und die Wahrheit achten sollen, darum prüfen wir in diesem Fall, ob diese Richtlinie eingehalten wurde oder nicht.
Inwiefern haben sich die Aufgaben des Presserats angesichts neuer Entwicklungen, zum Beispiel in Bezug auf das Thema Künstliche Intelligenz, gewandelt?
Was sich verändert hat, ist das Thema Fotos und Symbolbilder. Es gibt die Möglichkeit, Bilder mit Künstlicher Intelligenz zu erstellen. Hier sagen wir ganz klar, dass diese Bilder als Symbolbilder gekennzeichnet werden müssen und dass vermerkt werden sollte, dass KI eine Rolle bei ihrer Erstellung gespielt hat. Leserinnen und Leser sollten nicht den Eindruck gewinnen, dass es sich um reale Fotos handelt.
Ein Beispiel dazu: Eine große Boulevardzeitung lässt bereits ganze Texte von einer KI schreiben, die sogar einen menschlichen Namen und ein Profilfoto hat. Man könnte auf den ersten Blick denken, dass es sich um eine echte Autorin handelt, die für diese Zeitung schreibt. Eine Zeit lang war allerdings nicht deutlich erkennbar, dass das Profilbild von einem Programm erstellt wurde und die Person gar nicht existiert. Die Redaktion hat dann schnell reagiert, und inzwischen ist das Foto gekennzeichnet. Tatsächlich hat sich ein Leser bei uns beschwert, weil er sich getäuscht fühlte.
Warum sollten die Aufgaben des Presserats in Schulklassen thematisiert werden?
Es ist sehr wichtig, gerade für Schülerinnen und Schüler, zwischen den traditionellen Medien, wie Tageszeitungen und dem Radio, und den sozialen Medien zu unterscheiden. Die meisten traditionellen Medien haben sich dem Pressekodex verpflichtet, der gründliche Recherche, die Vermeidung von Fake News und die Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten vorsieht.
Bei den sozialen Medien ist das oft sehr undurchsichtig. Jeder kann ein YouTube-Video hochladen, was grundsätzlich positiv ist. Allerdings weiß man nicht, welche Standards der oder die Influencerin sich selbst gesetzt hat: Ist das, was sie sagt, wirklich wahr? Wird sie vielleicht von jemandem bezahlt, um ein bestimmtes Produkt zu empfehlen?
Anhand von Beispielfällen aus der Presse und den Sozialen Medien kann man den Pressekodex anwenden und im Unterricht gemeinsam schauen, wie gut Schülerinnen und Schüler die Grenzen ziehen können. So wird der Blick für journalistische Werte geschärft und letztlich auch die Medienkompetenz verbessert.
Dieses Interview ist Teil der kostenlosen Online-Fortbildung NewsCheckNRW für Lehrkräfte. Dort gibt es noch mehr Expertenwissen rund um das Thema Medienkompetenz. Den NewsCheckNRW können alle Interessierten finden unter: newscheck.nrw