Lokaljournalismus stärkt Demokratie
Bonn · Journalist Maxim Flößer erklärt für die Online-Fortbildung NewsCheckNRW, inwiefern Lokaljournalismus und Demokratie zusammenhängen.
FOTO: Maxim Floesser
Was hat der Lokaljournalismus mit jungen Menschen zu tun?
Der Lokaljournalismus besitzt die Stärke, Themen nah am Menschen zu erzählen. Ich glaube, das ist genau das, was sich die Gen Z wünscht. In YouTube-Videos, TikToks und auf Instagram passiert ja letztlich genau das: Wir sehen Menschen, die uns Dinge sehr lebensnah erklären und sich an unserer eigenen Realität bewegen. Auf diese Weise können wir gewisse Inhalte besser aufnehmen, als wenn wir sie in der Tagesschau sehen, die von überregionalen Themen berichtet.
Beeinflusst der Lokaljournalismus die politische Stimmung einer Region?
Lokaljournalistinnen und -journalisten sorgt dafür, dass Bürgerinnen und Bürger Zugang zu wichtigen Informationen haben, die sie brauchen, um beispielsweise eine richtige Wahlentscheidung für sich zu treffen. Und er bietet auch eine Form von kollektiver Identität: Bürgerinnen und Bürger können durch lokaljournalistische Inhalte erfahren, wie ihre Gemeinde funktioniert und was sie bewegt. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Demokratiezufriedenheit aus.
In der Studie „Keine Lokalzeitung – mehr AfD“ haben Sie das näher untersucht. Was konnten Sie herausfinden?
Wenn der Lokaljournalismus fehlt, brechen auch diese positiven Faktoren weg.
In Regionen, in denen es keine Lokalzeitung vor Ort gibt, wählen die Menschen statistisch signifikant häufiger die AfD als in Regionen und Gemeinden mit mindestens einer Lokalzeitung. Ich finde dieses Ergebnis sehr aufschlussreich: Etwa mit Blick auf das Aussterben der Printzeitungen, einer laut Umfragewerten stärkeren Wahlbereitschaft zur AfD und anstehenden Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Landtagswahlen in Ostdeutschland und der Europawahl 2024.
Wie stärkt Lokaljournalismus die Demokratie?
Neben den genannten Aspekten gibt es Studien, die belegen, dass Bürgerinnen und Bürer, die regelmäßig Lokalzeitungen lesen können, eher wählen gehen. Und: Sie sind eher bereit, sich als Kommunalpolitikerin oder -politiker aufstellen zu lassen. Wenn Bürgerinnen und Bürger die lokaljournalistischen Angebote auf der anderen Seite nicht haben, dann gehen sie weniger wählen. Sie lassen sich seltener als Kandidatin oder Kandidat aufstellen. Das ist eine direkte Auswirkung auf unsere Demokratie und insbesondere auf die Wahlen.
Wie können junge Menschen stärker in den Lokaljournalismus einbezogen werden?
Lokalredaktionen sollten aus meiner Sicht erkennen, dass sie eine starke Wirkung auf junge Menschen haben und sie begeistern können. Dafür müssen sie auf verschiedenen Plattformen wie TikTok oder Instagram präsent sein und neue Formate ausprobieren. Aktuell ist es eher so, dass es eine gedruckte Ausgabe und eine schlecht übersetzte Online-Version gibt, die hinter Paywalls versteckt ist und kaum wahrgenommen wird. Das ist für junge Menschen nicht wirklich attraktiv. Jeder junge Mensch bringt Leidenschaften und Interessen mit, die sich wunderbar mit der Arbeit an lokaljournalistischen Inhalten verbinden lassen – ich selbst habe beim Radio angefangen, weil ich mich für Hip Hop begeistert habe. Es wäre hilfreich, wenn Lehrkräfte den Lokaljournalismus mehr in den Unterricht integrieren würden, zum Beispiel durch Nachmittags-AGs, in denen journalistische Fähigkeiten vermittelt werden.
Dieses Interview ist Teil der kostenlosen Online-Fortbildung NewsCheckNRW für Lehrkräfte. Dort gibt es noch mehr Expertenwissen rund um das Thema Medienkompetenz. Den NewsCheckNRW können alle Interessierten finden unter: newscheck.nrw
Quellen:
Kontext Wochenzeitung-Beitrag: „Keine Lokalzeitung – mehr AfD“
Kontext-wochenzeitung