Beim Blick auf die zukünftige Entwicklung des Immobilienmarktes sind die Experten und Expertinnen vorsichtig optimistisch

6. GA-Immobilienforum in Bonn: Wohnen bliebt weiterhin ein wichtiges Gut

Bonn · Das sagen die Experten!

Markus Gelderblom berichtete im GA-Forum Immobilien von den Sorgen der Eigentümer in der Region.

FOTO: AXEL VOGEL

 

Die Experten und Expertinnen GA-Immobilienforums des 6. sind sich einig: Aufgrund vieler Negativentwicklungen wie dem stark gestiegenen Zinsniveau und gesetzlicher Auflagen bei Bestandsbauten, Stichwort Gebäudeenergiegesetz (GEG), muss der Immobilienmarkt mit einer Trendwende leben. Sprich mit einer Kaufzurückhaltung. Daher stellt sich mit Macht die Frage: Wie geht es weiter?„ Wir sind in einem sehr schwierigen Jahr“, sagt auch Annette Lombard (Vorsitzende des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Bonn): „Ich bin keine Prophetin, aber das erste Quartal hat schon gezeigt, dass die Vertragszahlen nach unten gehen, und ich befürchte auch, dass es bei Bestandsimmobilien zu starken Unsicherheiten und rückläufigen Preisen kommen wird.“

Auch im Geschäft von Henning Dieke (Cloudberry Real Estate GmbH) ist die Verunsicherung deutlich spürbar: „Am Telefon haben wir mehr verzweifelte Kunden als früher. Das kannten wir in den vergangenen zehn Jahren nicht.“ Trotzdem sei er optimistisch: „Wir hatten eine Schockphase in der zweiten Jahreshälfte des letzten Jahres erlebt, aber wir merken jetzt ganz deutlich: Es geht wieder aufwärts.“

Vor allem steht für Dieke fest: „Gute Produkte verkaufen sich auch weiterhin“, glaubt der Neubau-Experte: „Das Wohnraumbedarfsthema ist viel größer als die gegenwärtigen Schwierigkeiten, die von außen jetzt den Markt belasten.“ Daher sei er optimistisch, Käufer für die neuen Immobilienprojekte an der Kurfürstenstraße in Königswinter und der „Mertener Mühle“ in Bornheim zu finden: „Es ist in der gegenwärtigen Marktsituation nicht alles schwarz-weiß, und man muss sich immer wieder vor Augen führen: Wohnen bliebt weiterhin ein wichtiges Gut.“

„Die Mühle fängt langsam wieder an zu mahlen“, bestätigt auch Michael Carl (Volksbank Köln Bonn eG): „Wir gehen davon aus, dass sich die Lage stabilisiert.“ Trotzdem beurteilt er die weitere Entwicklung zurückhaltend: „Nach der Corona-Pandemie ging es nach kurzer Zeit wieder stark aufwärts mit der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt. Aber ich glaube, das bleibt jetzt aus.“ Carls Kollegin Mejreme Ristemi ergänzt in ihrer Funktion als Abteilungsleiterin Baufinanzierung: „In diesem Jahr sollten wir uns noch auf leichte Zinssteigerungen einstellen. Wir hoffen, dass sich die Marktlage im kommenden Jahr beruhigt und wir in ein positiveres, wirtschaftliches Umfeld blicken können.“

René Königshausen, Vorstandsvorsitzender der PSD Bank West eG, meint: „Wir sehen langfristig, dass die Baufinanzierungszinsen wieder sinken werden, insbesondere mit Erholung der Inflationsquote. So ist die Perspektive da, dass die Finanzierung zu Darlehenskonditionen in der Zukunft auch wieder günstiger wird.“ Das ermögliche dann wieder mehr Menschen, Eigentum zu erwerben-in Zeiten steigender Mieten ein nicht zu unterschätzender Faktor.

„Vorsichtig optimistisch“ ist auch Markus Gelderblom (Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Bonn/Rhein/ Sieg). „Ich vertraue nach wie vor darauf, dass wir in Bonn eine sehr starke Mittelschicht haben, die Eigenkapital hat.“ Interessenten von Immobilien müssten sich zudem auf Bestandsimmobilien konzentrieren, weil Neubauflächen in der Bundesstadt bekanntermaßen weiterhin knapp seien. Gelderblom geht kurz- bis mittelfristig auch davon aus, dass die Angebotspreise sinken: „Viele Verkäufer werden feststellen, dass sie ihre Objekte nicht mehr zu jedem Preis anbieten können.“ Das sei in der Vergangenheit noch anders gewesen.

Bernd Meier (Hüttig & Rompf) erlebt derzeit ebenfalls viel Zurückhaltung. „Wir werden in diesem Jahr wohl keine Trendwende mehr am erleben“, Immobilienmarkt prognostiziert der Experte für Baufinanzierungen: „Wir hoffen alle darauf, dass sich das im zweiten Quartal im nächsten Jahr verändert.“ Meier setzt dabei auf veränderte Rahmenbedingungen für den Immobilienmarkt, vor allem mit Blick auf die Zinslandschaft. Denn auch er stellt in seinem Geschäft fest: „Es gibt nach wie vor ein hohes Interesse an dem Gut Wohnen, und Verbraucher, die es sich leisten können, wollen auch wieder kaufen.“

Aus Sicht von Meier wäre das Geld auch gut angelegt: „Gerade unter dem Aspekt Inflationsschutz gibt es aktuell keine Alternative zur Immobilie.“ Selbst eine Kapitalanlage mit drei oder vier Prozent Zinsen sei im Verhältnis zur aktuellen Inflation immer noch ein Minusgeschäft. Darum rät er: „Wer es sich leisten kann, für den ist auch jetzt der richtige Zeitpunkt zu kaufen.“

Freilich werde die Immobilienbranche nach- und umdenken müssen. Er nennt ein Beispiel: „Ein Reihenhaus musste noch bis Anfang 2022 zwischen 130 und 140 Quadratmeter Wohnfläche haben, um überhaupt einen Interessenten zu finden.“ Inzwischen gingen viele Anbieter wieder einen Schritt zurück: „Sie offerieren Reihenhäuser in einer Größe zwischen 105 bis 120 Quadratmeter“, berichtet Meier. Es gehe um die zentrale Frage, wie sich zukünftig noch ein Produkt vermarken lässt: „Die Schnitte werden effizienter, die Dielenbereiche immer kleiner.“ Diese Entwicklung beobachtet er auch im Wohnungssegment: „Eine klassische Drei-Zimmer-Wohnung, die bislang 70 bis 90 Quadratmeter hatte, wird nun in einer Größe von zwischen 55 und 60 Quadratmetern interessant für den Kunden.“

Niemand wolle ähnliche Verhältnissen wie in der chinesischen Mega-Metropole Hongkong, wo Menschen oft auch auf engstem Raum wohnen müssten: „Aber Fakt ist: Wir sind auf einem hohen Standard unterwegs gewesen.“

Kunden und Kundinnen müssen daher realisieren, dass gutes Wohnen einen hohen Lebenswert hat. „Daher müssen Verbraucher bereit sein, einen größeren Teil ihres Haushaltseinkommens für ihre Wohnung oder Haus aufzuwenden.“ Dabei erkennt Bernd Meier das grundsätzliche Problem: „Für die breite Masse wird es nicht mehr möglich sein, eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen und zusätzlich noch zweimal in Urlaub zu fahren. Das funktioniert nicht mehr.“